Michael Heinrich
Die
Wissenschaft vom Wert
Überarbeitete und erweiterte Neuauflage, Münster 1999
Einleitung
1. Zum Stand
der Diskussion um die Marxsche Wert- und Geldtheorie
Bereits kurz nachdem Engels 1895
den dritten Band des Kapital
herausgegeben hatte, unterzog Eugen von Böhm-Bawerk, der "Marx der
Bourgeoisie", die Marxsche Werttheorie einer umfassenden Kritik
(Böhm-Bawerk 1896). In den folgenden Jahrzehnten haben sich nur die wenigsten
"bürgerlichen" Ökonomen ähnlich detailliert auf den Marxschen Text
bezogen. Falls man Marx überhaupt noch einer ernsthaften Kritik würdigte,
wurden in vielen Fällen Böhm-Bawerks Argumente mehr oder weniger originell
wiederholt. Ansonsten kritisierte man allenfalls mit empirischen Argumenten die
Marxschen Voraussagen oder das, was man dafür hielt. Marxistische Ökonomie galt
nicht als wissenschaftliches, sondern lediglich als "ideologisches"
Unterfangen, auf ihre theoretischen Grundlagen brauchte man sich daher gar
nicht erst einzulassen. Dieser Umgang mit der Marxschen Theorie läßt sich nicht
auf die individuelle Borniertheit oder Interessiertheit bürgerlicher Ökonomen
reduzieren. Vielmehr hatte in der akademischen Ökonomie gegen Ende des
19.Jahrhunderts ein entscheidender Paradigmenwechsel eingesetzt: Mit der
Grenznutzentheorie und dem Einzug mathematischer Methoden verschoben sich nicht
nur die Inhalte der ökonomischen Theorie, sondern auch die Standards der
Wissenschaftlichkeit. Nicht nur die Marxsche Werttheorie, sondern auch die der
klassischen Schule galt als weitgehend irrelevant für die Untersuchung der
kapitalistischen Wirklichkeit. Genauso wenig wie es der moderne Physiker für
wissenschaftlich notwendig hält, sich mit den naturwissenschaftlichen
Überlegungen eines Aristoteles abzugeben, glaubte der moderne Ökonom, sich
ernsthaft mit Marx oder Ricardo auseinandersetzen zu müssen.
Auch innerhalb der marxistischen
Diskussion spielten vor dem ersten Weltkrieg grundlegende wert- und
geldtheoretische Fragen nur eine untergeordnete Rolle.[1]
Die ökonomische Debatte kreiste mehr um die Analyse neuer Entwicklungen wie
etwa der Monopole, des Imperialismus, der ökonomischen Rolle des Staates und
des Charakters der Wirtschaftskrisen als um grundlegende theoretische Fragen.
Die Selbstgewißheit der anscheinend immer stärker werdenden
sozialdemokratischen Bewegung erstreckte sich auch auf theoretische Fragen. Das
Kapital galt als gesicherter
Ausgangspunkt, die weißen Flecken der Marxschen Theorie wurden kaum als solche
wahrgenommen geschweige denn bearbeitet.
Nach dem ersten Weltkrieg trat
eine gewisse Veränderung ein. Die Spaltung der Arbeiterbewegung und die
Niederlage der revolutionären Bestrebungen im Westen stellten alte Gewißheiten
in Frage und schufen ein Bedürfnis nach Neuorientierung. Angeregt durch die
Arbeiten von Lukács (1923) und Korsch (1923) begann eine eher philosophisch und
methodologisch orientierte Marx-Diskussion, die mit der von Rjazanov begonnenen
ersten Marx-Engels-Gesamtausgabe weitere Impulse erhielt. In gewissem Umfang
setzte auch eine Debatte über die Werttheorie und die Struktur der ökonomischen
Theorie von Marx ein. Für Deutschland ist hier vor allem Grossmann (1929b,
1932), für die Sowjetunion Rubin (1924) zu nennen. Diese werttheoretische
Debatte begann ebenfalls in Japan (vgl. Itoh 1980). In allen drei Ländern wurde
sie in den dreißiger Jahren durch Faschismus oder Stalinismus brutal beendet.
In den 60er und 70er Jahren
wurde von verschiedenen Seiten die werttheoretische Grundlagendiskussion wieder
aufgenommen. Zum einen wurde die Marxsche Werttheorie im Anschluß an das von Sraffa (1960) entwickelte "neoricardianische"
Modell formalisiert (z.B. Okishio 1963) und so in eine auch für bürgerliche
Ökonomen diskussionsfähige Form gebracht. Gönnerhaft gestand man Marx jetzt die
Antizipation so manchen modernen Gedankens zu.[2]
Allerdings wurde die formalisierte Marxsche Werttheorie auch einer eingehenden
Kritik unterzogen (z.B. Samuelson 1967, 1971), deren Ergebnis vernichtend war:
In einfachen Fällen sei sie redundant, in komplizierteren Fällen wie
Kuppelproduktion inkonsistent. Um überhaupt noch etwas von der Marxschen
Theorie zu retten, müsse man sich, so die Folgerung auch marxistisch
orientierter Ökonomen, von der Werttheorie trennen und sie durch die
neoricardianische Preistheorie ersetzen (Lippi 1976, Steedman 1977).
Andererseits setzte in den 60er
Jahren im Zuge der Studentenbewegung in verschiedenen westeuropäischen Ländern
auch eine breitere Rezeption des Kapital
ein, die aber nicht so sehr durch die traditionellen ökonomischen Themen,
sondern eher durch die geschichtsphilosophischen und methodologischen
Fragestellungen des "westlichen Marxismus" (Anderson 1978) geprägt
war. Althussers vor allem an epistemologischen Fragen orientiertes Lire le Capital (1965) beeinflußte die Diskussion
weit über Frankreich hinaus. In der BRD spielte in der Diskussion des Kapital der Einfluß der Frankfurter
Schule und einer an den Marxschen Frühschriften orientierten kritischen
Gesellschaftstheorie eine wichtige Rolle. Hier wurde das Kapital meistens vor dem Hintergrund der Grundrisse rezipiert, in denen sich ein deutlicherer Bezug zu Hegel
und zu methodologischen Fragen findet. Wygodskis (1967) Untersuchung der
Entstehung des Kapital und vor allem
die Grundrisse-Interpretation von
Rosdolsky (1968) übten dabei einen nachhaltigen Einfluß aus. In der vor allem
mit den Arbeiten von Backhaus (1969) und Reichelt (1970) neu einsetzenden Kapital-Rezeption wurden insbesondere
die qualitativen Aspekte und der gesellschaftstheoretische Gehalt der Marxschen
Wert- und Kapitaltheorie herausgearbeitet. In den 70er Jahren wurde dieses
Programm einerseits mit dem Anspruch einer "Rekonstruktion der Kritik der
politischen Ökonomie" von einer Vielzahl von Autoren fortgeführt,
andererseits gab es Versuche, die dabei gewonnenen Einsichten für eine Analyse der gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnisse
fruchtbar zu machen (Neusüß u.a. 1971,
Altvater u.a. 1974, Altvater u.a. 1979).
Ausgehend von den gegen einen
ökonomistischen Reduktionismus gerichteten Interpretationen des Marxschen
Werkes wurde dann in den späten 70er Jahren dem neoricardianischen Angriff auf
die Werttheorie durch eine Kritik an dessen eigener Grundlage geantwortet. Das
Hauptargument lautete: In der formalisierten Version der Werttheorie sei deren
gesellschaftstheoretische Dimension ausgeblendet, was insbesondere daran
deutlich werde, daß Geld nicht thematisiert werden kann. Das Objekt der
neoricardianischen Kritik sei daher ein Konstrukt, das mit der Marxschen
Werttheorie keineswegs identisch sei (z.B. Elson 1979, Berger 1979, Ganßmann
1983a, Backhaus 1986).
Das Resultat dieser Debatten
blieb aber einigermaßen unbefriedigend. Die Verteidigung der Marxschen
Werttheorie als Gesellschaftstheorie wurde oft mit einem Verzicht auf
ökonomische Kompetenz im engeren Sinne erkauft. Dies führte zu der paradoxen
Situation, daß zwar gegen die neoricardianischen Kritiker auf den
"monetären" Charakter der Marxschen Werttheorie, der eine Abstraktion
vom Geld nicht erlauben würde, gepocht wurde, daß aber die eigentlich geld- und
kredittheoretischen Grundlagenprobleme auch von marxistischer Seite aus
meistens nicht thematisiert wurden. Daß in den 70er Jahren mit der
Demonetisierung des Goldes das Geldsystem anscheinend auch ohne eine Geldware
funktioniert, wurde in seinen theoretischen Konsequenzen für die Marxsche
Geldtheorie, für die die Existenz einer Geldware doch zentral zu sein scheint,
kaum untersucht.[3]
Und an den theoretischen Grundlagen der von Marx nur rudimentär entwickelten
Kredittheorie weiterzuarbeiten, kam sowieso nur den wenigsten Marxisten in den
Sinn. Dies wäre aber die Voraussetzung für eine Untersuchung des Zusammenhangs
von Kredit und Krise gewesen. Die Schwäche der Geld- und Kredittheorie ist
nicht nur aus theoretischen Gründen fatal, sondern auch angesichts der
gegenwärtigen kapitalistischen Entwicklung, der Herstellung eines monetären
Weltmarktes, der Bedeutung der internationalen Verschuldung etc.
Allerdings waren die
Neoricardianer nicht die einzigen, die die Werttheorie auf einer
grundsätzlichen Ebene in Frage stellten. Auch marxistisch orientierte Autoren
begannen in den 70er Jahren unabhängig von den durch die formalen Modelle
aufgeworfenen Redundanz- und Konsistenzproblemen an der Schlüssigkeit der
Marxschen Wertkonzeption zu zweifeln (vgl. z.B. Krause 1977, Cutler et al.
1977, Benetti/Cartelier 1980, Carling 1984).[4]
Die Marxsche Wert- und
Geldtheorie (und damit auch das ganze Gebäude der Kritik der politischen
Ökonomie) sieht sich heute einer doppelten Herausforderung gegenüber:
einerseits werden ihre theoretischen Fundamente und ihre Konsistenz von den
verschiedensten Seiten in Frage gestellt, andererseits scheint sie mit ihren
theoretischen Konzepten den realen Geld- und Kreditphänomenen hoffnungslos
hinterher zu hinken. Es ist daher auch nicht überraschend, daß man allerorten
eine Abkehr von der Marxschen Ökonomie und insbesondere von der Werttheorie
registrieren kann. Als Beispiel sei nur auf die Entwicklung der Mitte der 70er
Jahre entstandenen Regulationsschule verwiesen. Heute haben sich fast alle
prominenten Vertreter dieses Ansatzes, der ursprünglich als Erneuerung der
Marxschen Ökonomie konzipiert war, von der Marxschen Werttheorie abgewendet
(vgl. dazu Hübner 1989).
In der vorliegenden Arbeit
werden die skizzierten Diskussionen um die Marxsche Wert- und Geldtheorie
aufgenommen. Dabei geht es nicht nur um eine Auseinandersetzung mit den
verschiedenen Kritikern, sondern vor allem um die Beseitigung bestimmter
Defizite des kategorialen Apparats der Kritik der politischen Ökonomie. Die
Klärung zentraler Probleme der Marxschen Wert- und Geldtheorie, wie etwa die
Frage nach dem Charakter der Marxschen Wertkonzeption, der Bedeutung der
Geldware für die Geldtheorie etc., scheint mir eine unabdingbare Voraussetzung
für die weitere Diskussion der Marxschen Kredit- und Krisentheorie zu sein.
Bei dem folgenden Versuch einer
Präzisierung zentraler Kategorien der ökonomischen Theorie von Marx ist keine
Neuauflage der "Rekonstruktion der Kritik der politischen Ökonomie"
intendiert. Die Erschließung und Systematisierung der Marxschen Texte, die in
den 70er Jahren unter diesem Titel stattfand, war zwar ein wichtiger Schritt
zur Aneignung der Marxschen Theorie. Sie setzte aber voraus, daß es einen einheitlichen und korrekten Diskurs
gibt, der aus den verschiedenen Marxschen Entwürfen lediglich herauszuschälen,
eben zu "rekonstruieren" und gegen Vulgarisierungen und falsche
Interpretationen abzugrenzen sei. Die Kritikfähigkeit gegenüber dem Marxschen
Text blieb dabei systematisch beschränkt. Die oben erwähnten Kritiker hingegen
stigmatisierten jeweils einen bestimmten Teil des Marxschen Diskurses, den es
gleichsam chirurgisch herauszuschneiden und eventuell durch eine Prothese zu
ersetzen gälte, um den Rest des gesunden Körpers zu erhalten.
Demgegenüber hat sich mir in
meiner Auseinandersetzung mit der Kritik der politischen Ökonomie die These
aufgedrängt, daß sich auch in der entwickelten ökonomischen Theorie von Marx,
d.h. dem Kapital und seinen
unmittelbaren Vorarbeiten, permanent zwei
verschiedene Diskurse durchkreuzen. Marx vollzieht auf der einen Seite
einen Bruch mit der klassischen politischen Ökonomie, er kritisiert nicht
einzelne Theorien, sondern eine ganze Wissenschaft. Marx ist nicht einfach der
Schöpfer einen neuen Theorie, sondern der Protagonist einer wissenschaftlichen Revolution, die ein
radikal neues theoretisches Feld eröffnet. Auf der anderen Seite findet sich
der Diskurs der Klassik aber nach wie vor an zentralen Stellen seines Werkes.
Zwar konstatierte bereits Althusser, "daß es Marx nicht mehr gelungen ist,
den Begriff der Differenz zwischen sich und der klassischen Ökonomie zu
denken" (Althusser 1965b, S.194). Auch Alfred Schmidt stellte fest:
"So wichtig das Marxsche Selbstverständnis ist - oft genug bleibt es weit
hinter dem zurück, was Marx in seinen materialen Analysen theoretisch
bietet" (Schmidt 1967, S.32). In Frage gestellt wurde damit lediglich das explizite Methoden- und
Gegenstandsverständnis von Marx nicht aber die theoretische Kohärenz seines Diskurses.
Dagegen liegt der vorliegenden
Arbeit die weitergehende These zugrunde, daß
Marx zwar ein neues wissenschaftliches Terrain betritt, daß sich der Diskurs
der Klassik aber auch noch innerhalb seines eigenen Diskurses wiederfindet.
Es ist also nicht nur die Marxsche Selbstreflexion,
die mangelhaft ist; seine eigene
kategoriale Entwicklung bleibt an entscheidenden Stellen ambivalent. Diese
Ambivalenzen werden aber nicht bloß von anachronistischen Überbleibseln des
klassischen Diskurses hervorgerufen, die ohne weiteres von einer
"richtigen" theoretischen Konfiguration zu trennen wären. Die Elemente des klassischen Diskurses sind
vielmehr in das neue Terrain integriert, sie infizieren bereits die
grundlegenden Kategorien und generieren spezifische Probleme. Um überhaupt
an die Überwindung der oben angesprochenen Schwierigkeiten der Marxschen Geld-
und Kredittheorie herangehen zu können, ist es daher notwendig, vorher die
Elemente dieser beiden Diskurse zu identifizieren, Ambivalenzen zentraler
Kategorien zu beseitigen und bloße Scheinprobleme von wirklichen Problemen zu
unterscheiden.
Auf den ersten Blick scheint
diese Aufgabe ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Um die Verzerrungen
innerhalb des neuen Diskurses zu erkennen, muß letzterer anscheinend als
fertiger Maßstab bereitliegen. Daß dies der Fall ist, wurde aber gerade
bestritten. Das ganze Problem scheint somit auf einen Zirkel hinauszulaufen: um
den neuen Diskurs von Marx zu identifizieren, muß er bereits identifiziert
sein. Das Problem stellt sich aber nur dann als Zirkel dar, wenn man das
Marxsche Werk isoliert betrachtet. Untersucht man es hingegen vor dem
Hintergrund des theoretischen Feldes der klassischen politischen Ökonomie, mit
dem Marx bricht, sowie der Herausbildung dieses Bruches im Marxschen Werk selbst,
so läßt sich auch ein Maßstab für die Untersuchung des "reifen"
ökonomischen Werkes gewinnen, der es erlaubt, das von Marx neu eröffnete
theoretische Feld von den Resten des überwundenen Diskurses der Klassik zu
unterscheiden.
Daraus ergibt sich der Aufbau
der vorliegenden Arbeit. Im ersten Teil
wird das theoretische Feld der politischen Ökonomie, mit dem Marx gebrochen
hat, untersucht. Explizit bezog sich Marx zwar nur auf die klassische
politische Ökonomie, es kann aber gezeigt werden, daß der Marginalismus und die
allgemeine Gleichgewichtstheorie auf demselben theoretischen Feld wie die
Klassik stehen, was den Marxschen Anspruch, eine Kritik der gesamten
politischen Ökonomie zu liefern, nachhaltig unterstützt. Allerdings wird sich
die Marxsche Historiographie, sowohl die Interpretation der Klassiker als auch
die Unterscheidung zwischen wissenschaftlicher Ökonomie und Vulgärökonomie, in
wesentlichen Punkten als unzureichend erweisen.
Im zweiten Teil wird es um den theoretischen Inhalt der wissenschaftlichen
Revolution von Marx gehen, d.h. um die von Marx neu entwickelte Konzeption von
Wirklichkeit und von Wissenschaft. Da sich diese Konzeption im Marxschen Werk
schrittweise herausbildete, wird es notwendig sein zu klären, ab wann überhaupt
von dieser neuen Konzeption gesprochen werden kann und einzelne Etappen ihrer
Herausbildung zu verfolgen, ohne daß es dabei aber um eine
Entwicklungsgeschichte der Marxschen Theorie geht.
Im dritten Teil werden dann die Grundkategorien der Kritik der
politischen Ökonomie untersucht. Dabei wird sich zeigen, daß bereits die
fundamentalen Konzepte der Werttheorie nicht frei von
"naturalistischen" und "substanzialistischen" Bezügen sind,
welche die Grundlage für quantitative Arbeitsmengenrechnungen bilden, die zu
den bekannten Inkonsistenzen führen. Auch der theoretische Status, den Marx der
Existenz einer Geldware zuweist, wird einer kritischen Revision unterzogen
werden. Gegenüber naturalistischen Versionen einer Arbeitswerttheorie wird
versucht, die monetären Aspekte der Marxschen Wert- und Kapitaltheorie
herauszuarbeiten, denn nur auf dieser Grundlage scheint mir eine sinnvolle
Weiterentwicklung der Kredit- und der Krisentheorie, deren ebenfalls
ambivalente Ansätze diskutiert werden, überhaupt möglich zu sein. Im letzten
Kapitel werden schließlich die Konsequenzen angedeutet, die die Marxschen
Ambivalenzen für seine Sozialismuskonzeption haben.
Wie aus dieser Skizze
ersichtlich wird, spielen in der vorliegenden Arbeit theoriegeschichtliche
Fragen eine wesentliche Rolle. Es handelt sich deshalb aber nicht schon um eine
theoriegeschichtliche Untersuchung. Auch wenn von Smith und Ricardo oder dem
jungen Marx die Rede ist, geht es letzten Endes immer nur um die entwickelte
ökonomische Theorie von Marx. Allerdings unterliegt der hier vertretenen
Auffassung des Verhältnisses von Marx zur klassischen politischen Ökonomie eine
keineswegs selbstverständliche Konzeption von Wissenschaftsgeschichte, die kurz
umrissenen werden muß.
[1] Zwar versuchte
Hilferding in seinem Finanzkapital
(Hilferding 1910) die Marxsche Geld- und Kredittheorie weiterzuentwickeln, mit
Ausnahme einer Debatte in der Neuen Zeit
wurden diese Grundlagenprobleme aber nicht weiter diskutiert.
[2] Vgl. z.B.
Bronfenbrenner (1965) oder Sowell (1967). Wie man Marx entsprechend
zurechtstutzt, führte bereits Schumpeter (1942, S.15ff) in geradezu klassischer
Weise vor.
[3] Ansatzweise
geschah dies im Rahmen der französischen Regulationsschule, etwa bei Aglietta (1976)
und Lipietz (1982a). In der DDR begann Anfang der 80er Jahre in der Zeitschrift
Wirtschaftswissenschaft eine
Diskussion über die Rolle des Goldes als Geldware, die aber ohne Ergebnis
beendet wurde. Auch in der Sowjetunion wurde diese Frage diskutiert (vgl.
Tschepurenko 1988), die entsprechenden Beiträge wurden aber nicht übersetzt.
[4] Vgl. zur Rezeptionsgeschichte
der Kritik der politischen Ökonomie auch die kommentierte Literaturliste in
Altvater/Hecker/Heinrich/Schaper-Rinkel (1999).